Der Artikel ist in der Zeitung des Verbandes „Selbsthilfe-Auto Aiuto“ Nr. 3/2015 erschienen.

Das Interview wurde mit dem jeweils gesunden Part zweier Paare geführt, einmal mit Luca, einem Mann von 25 Jahren und mit Franca, einer Frau von 21 Jahren, also sehr jungen Menschen. Beide sind seit vier Jahren mit ihren Partnern zusammen.

Franca wusste bereits zu Beginn ihrer Beziehung von den Problemen ihres Partners, noch bevor es kritisch wurde.

Luca erzählt uns, dass ihm vor ca. einem Jahr aufgefallen ist, dass seine Freundin ständig müde war, keine Lust mehr hatte, etwas zu unternehmen. Sie wollte nur noch schlafen und weinte viel. Ihr Verhalten war sehr schwer zu ertragen: sie war ständig schlecht gelaunt, sie sprach nicht und übernahm auch keine Aufgaben im Haushalt mehr, weil ihr diese zu anstrengend waren. So musste Luca versuchen, stark für zwei zu sein. Das alltägliche Leben war voller Einschränkungen, vor allem auch was die Freizeit betrifft als auch die Beziehungen zu den Freunden, weil sie niemanden mehr sehen wollte. Natürlich hat sich auch die Beziehung zwischen den beiden geändert, es war, als wäre eine Mauer zwischen ihnen. Mit der Zeit hat Luca aber gelernt, besser mit diesen Herausforderungen und mit dem Stress umzugehen.

Franca hat hingegen nach einigen Monaten gemerkt, dass ihr Freund nicht mehr spricht und immer „fertig“ war. Das setzte sie unter großem Druck, sie fühlte sich hilflos, sie schaffte es nicht, mit ihm zu kommunizieren und sie verstand nicht, was vor sich geht. Die Momente, in denen es ihm gut ging waren rar. Meist fühlte er sich ausgelaugt, und wenn er von der Arbeit nach Hause kam, war er oft missmutig. Das waren deutliche Zeichen dafür, dass etwas nicht mehr in Ordnung war.

Eine Diagnose wurde für beide Partner erst viel später gestellt: fast ein Jahr bei der Frau von Luca, beim Mann von Franca sogar erst mehrere Jahre nach den ersten Anzeichen.

Die jeweiligen Familien kennen die Situation, die Freunde hingegen nicht, nur die beste Freundin von Franca weiß Bescheid. Luca kann sich bei seinen Eltern aussprechen, während Franca ihre Kollegen vorzieht.

Mit der Zeit wurde die Beziehung natürlich komplizierter, für Franca manchmal sogar unerträglich.

Beide Paare haben ärztliche Hilfe gesucht und gefunden. Für Luca war es sehr wichtig, die Diagnose zu kennen. Franca hat es geholfen zu sehen, dass sich ihr Partner helfen lässt und dass die Therapie anschlug. Sie findet Zerstreuung in der freien Natur, Luca geht auch viel Skifahren.

Auf die Frage, ob die Erkrankung auch etwas Positives mit sich gebracht hat, antwortet Luca mit nein, sagt dann aber auch, dass er den Bedürfnissen seiner Freundin nun viel mehr Aufmerksamkeit schenken würde. Das kennt auch Franca und fügt hinzu, dass sie viel toleranter geworden sei.

Würdet ihr euch heute anders verhalten? Im Großen und Ganzen nicht, ist Luca überzeugt. Franca hingegen sagt ja, sie würde mehr Vertrauen haben, dass die Therapie ihrem Freund helfen kann, was ja auch ihr hilft.

Beide empfehlen anderen, die sich in ähnlichen Situationen befinden, sich schon bei den ersten Anzeichen an einen Arzt zu wenden und Vertrauen zu haben, dass alles möglich ist, auch wenn es schwierig geworden ist. Den Mut zu haben, zu fragen, ob und wie man helfen könne, sich mit anderen austauschen, die Ähnliches durchgemacht haben, sich darüber austauschen, wie man einer psychischen Erkrankung begegnen kann.

 

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